
Als wirksamstes Mittel gegen Sars-CoV-2 und die vom Virus ausgelöste Erkrankung Covid-19 gilt ein Impfstoff. Weltweit wird daran geforscht, auch von deutschen Firmen. Ein Überblick zum Stand der Forschung.
In Deutschland hat das Tübinger Unternehmen Curevac für eine Studie in der klinischen Phase grünes Licht bekommen. Das heißt: Der entwickelte Wirkstoff wird an Menschen erprobt. Ende April hatte bereits das Mainzer Unternehmen Biontech eine solche Genehmigung erhalten.
Weltweit mehrere Projekte in klinischer Phase
Über 150 mögliche Impfstoffe sind in der Entwicklung, 23 werden bereits an Menschen getestet. Ein Impfstoff durchläuft bis zur Zulassung mehrere Phasen. In Phase I geht es noch nicht um die Wirksamkeit eines Präparats, sondern um dessen Sicherheit. Tests erfolgen an einer kleinen Gruppe unter 100 Personen. In Phase II wird der Stoff an bis zu 1.000 Menschen getestet und sichergestellt, dass der Körper einen Schutz gegen das Virus entwickelt. In Phase III wird der Stoff mehreren Tausend gesunden Freiwilligen verabreicht. Es geht unter anderem um die Bestätigung der Dosierung sowie um Wechsel- und Nebenwirkungen.
Mehrere Studien haben bereits die dritte und letzte Phase vor der Zulassung erreicht. Bei den ersten Studien liegen Zwischenergebnisse vor. Welche Impfstoffe erfolgversprechend sind, lesen Sie hier. Schätzungen gehen davon aus, dass es zwischen Ende 2020 und Frühjahr 2021 die Zulassung für einen oder mehrere Impfstoffe geben könnte.
Erfolgsmeldungen aus London
Mehrere Hersteller haben nach klinischen Studien an Menschen gute Ergebnisse vermeldet: Der britische Pharmakonzern Astrazeneca, der mit der Universität Oxford zusammenarbeitet, hatte seinen Impfstoff an 1.000 Freiwilligen getestet. Diese zeigten laut Konzernangaben, dass der Wirkstoff eine Immunreaktion des Körpers hervorrufe und sicher sei. Er gehört zu den am weitesten fortgeschrittenen Impfstoff-Kandidaten. Dennoch wissen die Entwickler noch nicht, wie stark die Immunreaktion ausfallen muss, damit sie sicher gegen Covid-19 schützt.
Auch Biontech meldete nach dem Test an 60 Personen positive vorläufige Ergebnisse. Ende Juli soll eine umfassende Studie mit mehr als 30.000 Probanden starten. Zusammen mit dem Pharmakonzern Pfizer testet Biontech insgesamt vier Impfstoff-Kandidaten in Deutschland und den USA.
Der chinesische Pharmakonzern Sinovac startet in Brasilien in die entscheidende Phase III bei der Entwicklung seines Impfstoffs. In der Metropole São Paulo sollen 9.000 Angestellte aus dem Gesundheitssektor den Impfstoff erhalten. Auch Astrazeneca testete seinen Stoff bereits in Brasilien. Es gehört zu den Ländern weltweit, die am stärksten von der Pandemie betroffen sind.
Deutschland und EU-Länder sichern sich Impfdosen
Eine Allianz aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden hat einen Vorvertrag mit Astrazeneca geschlossen. Er sichert diesen Staaten 400 Millionen Impfdosen, wenn ein Produkt zur Marktreife gelangt. Bundesgesundheitsminister Spahn betonte, es sollten alle EU-Mitgliedsstaaten profitieren. Die Impfdosen würden relativ zur Bevölkerungsgröße aufgeteilt. Ähnliche Vereinbarungen hat Astrazeneca etwa mit den USA und Großbritannien geschlossen. Verhandelt werde auch mit Japan, Russland, Brasilien und China, heißt es von Unternehmensseite.
Impfstoff-Entwicklung ist langwierig - und riskant
Normalerweise dauert es viele Jahre, bis ein Impfstoff gegen einen Krankheitserreger gefunden ist - und der Prozess kann in jeder Phase scheitern. Im Fall von Sars-CoV-2 hatten die Forschenden Glück: Die Sequenz des Viren-Erbguts - in diesem Fall einzelsträngige RNA - war schnell bekannt - und damit auch eine nahe Verwandtschaft mit den Coronaviren, die SARS und MERS verursachen. Von Impfstoffen gegen diese Viren wusste man, dass es für eine gute Wirkung vor allem auf das Protein ankommt, das dem Virus sein typisches Aussehen mit den hervorstehenden "Zacken" auf der Virushülle verleiht. Die meisten Projekte, die an einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2 forschen, haben das bei ihren Studien berücksichtigt. Warum es so lange dauert, einen Impfstoff zu entwickeln, haben die Kollegen von "Forschung aktuell" hier erklärt.
Massenproduktion ist die nächste Hürde
Sollte die Entwicklung eines Impfstoffs gelingen, wartet die nächste Herausforderung: die massenhafte Produktion. Die Hamburger Virologin Marylyn Addo sagte dazu im Deutschlandfunk, momentan stünden in der Welt nicht genug Herstellungskapazitäten zur Verfügung. Daher werde es in den kommenden Monaten zu einem Ressourcenkampf kommen: "Es ist wichtig, dass man sich damit beschäftigt und dass man versucht, eine faire Verteilung der Herstellungskapazitäten, aber auch später eine faire Verteilung des Impfstoffs zu gewährleisten." Der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) nennt deshalb das Ziel, für möglichst viele Impfstoffe eine Zulassung zu erreichen und sicherzustellen, dass diese Präparate unter Nutzung vieler Produktionsanlagen hergestellt werden können. Demnach haben mehrere potenzielle Hersteller, darunter Astrazeneca, angekündigt, ihre Impfstoffe für die Dauer der Pandemie zu Herstellerkosten zu liefern.
(Stand 21.07.2020)
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July 24, 2020 at 05:04AM
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